Einige Eindrücke von Frankfurts neuer Suburbanität

Mit dem Forschungsverbund, Siedlungserweiterung in Zeiten der Reurbanisierung – neue (Sub-)Urbanität? brachten wir von unserem Besuch in Frankfurt am Main einige Eindrücke mit.

Stadtteil der Quartiere – Siedlungserweiterung in Planung

Im Planungsamt Frankfurt unterrichteten uns freundlicher Weise Herr Schulze Mönking und Frau Guttmann über die Entwicklung der Planungen zum neuen ‚Stadtteil der Quartiere‘ im Frankfurter Westen. Um die Planungen, von denen etwa 250 Eigentümer*innen betroffen sein werden, zu erleichtern, wurde für das Plangebiet mit einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme gearbeitet. Noch immer ist der neue Stadtteil innerhalb Frankfurts zwischen verschiedenen Interessengruppen umstritten und trifft darüber hinaus auch auf Widerspruch von den angrenzenden Kommunen. Die Anpassungen des Entwurfs sind vermutlich noch nicht ganz abgeschlossen. Derzeit sieht es danach aus, dass nur der östlich der A 5 befindliche Bereich bebaut wird, während auf den westlich der A 5 liegenden Flächen vor allem neue Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Gartenbau und städtischen Nutzungen entwickelt werden sollen. Zur besseren Kommunikation zwischen den Nutzer*innen aus städtischen und ländlichen Lebenswelten ist ein Agro-Hub in der Diskussion. Hier könne ein Wissensaustausch über Gartenbau und Landwirtschaft stattfinden. Durch die Beschränkung der zukünftigen Bebauung auf die Flächen östlich der A 5 werde dort voraussichtlich die GFZ steigen und 5 bis 6 geschossige Bebauung entstehen. Analog zum Agro-Hub werde östlich der A 5 an einen City-Hub gedacht. Die Ausgleichsmaßnahmen, die neben den Ansprüchen des Naturschutzes auch Freiraumfunktionen erfüllen sollen, würden zwischen die neuen Siedlungsteile und westlich der A 5 angeordnet. Probleme bei der baulichen Umsetzung stellten die Hochspannungstrassen, die Entwässerung auf den bindigen Löß-Böden und die Sicherung der Trinkwasserbrunnen dar.

Die Siedlungserweiterung auf dem Riedberg – eine neue (Klein)Stadt

Die Fahrt zur Siedlungserweiterung auf dem Riedberg führte uns vor Augen, weshalb das aktuelle Projekt im Westen anders entwickelt wurde. Die ambitioniert geplante Siedlung führte uns einige Probleme der Freiraum- und Gebäudeorganisation vor Augen. Doch zunächst zu den Eckdaten:

In den 1990er Jahren geplant und seit 2000 baulich umgesetzt, werden die letzten Gebäude aktuell fertiggestellt, also nach rund 25 Jahren. Auf dem Riedberg mit 266 ha Bruttobauland sollte Platz für 15.000 Einwohner*innen in 6.000 Wohneinheiten und zugleich für 3.000 Arbeitsstellen entstehen. Darüber hinaus sollten am eingebundenen Naturwissenschaftscampus 8.000 Studierende lernen können. Neben der Siedlungsfläche wurden fünf Grünflächen geplant: Bonifatiuspark (7,5 ha), Kätcheslachpark (10,2 ha), Topographischer Weg (2,2 ha), Römische Straße (3,1 ha) und der A5-Schallschutzdamm (12 ha). Die Siedlung Riedberg liegt zwar am Stadtrand, ist aber mit der Stadtbahn nur 20 Minuten von der Innenstadt entfernt (Stadt Frankfurt 2009).

Mit der Siedlungserweiterung auf dem Riedberg bezweckte die Stadt Frankfurt einerseits die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern zu erfüllen und andererseits qualitativ ansprechenden und preiswerten Wohnraum zu schaffen. Junge Familien und die sogenannte Neue Mittelschicht sollten angesprochen werden, um die Abwanderung insbesondere von solventen Familien in die Nachbargemeinden zu verringern. Angestrebt wurde eine moderne Siedlung, die gestalterisch an der ‚Weißen Stadt‘ des Neuen Bauens orientiert war, sie aber mit einer rasterartigen Verkehrserschließung und Bebauung in Blöcken, ähnlich wie in der Gründerzeit versah (Stadt Frankfurt 2009). Damit wurde eine städtebauliche Idee entwickelt, die sich von den typischen Vorortsiedlungen mit vorherrschender Einfamilienhausbebauung, den sogenannten Schlafstädten, deutlich unterscheiden sollte. Eine lebendige, familienfreundliche Stadt mit vielfältigem Angebot an Bildungseinrichtungen, Arbeitsplätzen und Kulturstätten sollte entstehen. Von 2005 an gelang es, den „Geschosswohnungsbau zur Miete oder Erwerb“ von Wohnungen zu stärken. „Damit fand die so wichtige Erweiterung des Wohnungsangebotes statt und der Grundstein für eine gemischte Bevölkerungsstruktur wurde auf diese Weise gelegt“ (Stadt Frankfurt 2009: 20). Mit dem Ziel der sozialen Mischung in der Bevölkerungsstruktur sollte die Riedberg-Siedlung eine Anforderung der Neuen Suburbanität anstreben. Im Vergleich der Siedlungsteile offenbart sich aber eine räumliche Segregation sozialer Schichten, woraus sich die Forschungsaufgabe einer empirischen Überprüfung dieser These ergibt. Methodologisch dient die Begehung der Untersuchungsgebiete der Ermittlung von konkreten Fragestellungen am Gegenstand.

Abb 1. Der Siedlungsbau für Riedberg kann in drei Phasen gegliedert werden von Südosten nach Norden schließlich nach Südwesten (Quelle: OpenStreetMap 2024).

Die Siedlungsentwicklung begann recht zurückhaltend im östlichen Abschnitt und mit dem südlich gelegenen Universitäts-Campus, verstärkte sich von 2010 an mit der Bebauung des mittleren Abschnitts und erreichte nach 2015 den westlichen Abschnitt. Die Verteilung der Bautypen tritt im Schwarzplan von Riedberg eindrucksvoll hervor [1]. Die breiten und längeren Striche zeigen den Zeilenbau an, die schmaleren (und kürzeren) Striche stehen für die Reihenhäuser, die feinen Punkte markieren die Einzelhäuser und die breiteren Punkte die Stadtvillen und kleine Hochhäuser. Flächen stehen für Bildungseinrichtungen und Einkaufszentren.

Geländebegehung

Die Gebietserkundung konzentrierte sich auf die Quartiersteile Mitte und Nord. Die Dokumentation nutzt neben dem Kartenmaterial vor allem Fotos, die unterwegs aufgenommen wurden, um einen lebendigen Eindruck der Quartiere, Bebauung und Freiräume zu vermitteln. Die Stationen und Abbildungen werden textlich erläutert. Die Stadt Frankfurt präsentiert auf ihrer Website Luftbilder zu Riedberg [2].

Unser Spaziergang begann und endete an der S-Bahn-Haltestelle Riedberg-Campus, von der wir den zentralen Marktplatz betraten. Mit der über das Straßenniveau erhöhten Fläche des Marktplatzes empfängt uns eine Besonderheit der neuen Siedlung: der hohe Anteil an Tiefgaragen auch unter begrünten Freiflächen und der daraus folgende hohe Versieglungsgrad der Siedlung.

Abb. 2: Zentraler Platz, Abb. 3: Baumscheibe auf dem Platz, unterbaut mit Kunstrasen-Baumscheibe (Fotos: Florian Bellin-Harder).

Aus der starken Unterbauung der Freiflächen folgt dann auch die große Notwendigkeit der Entwässerung (statt Versickerung), die über den Kätcheslachpark geschieht. Durch die zentrale Entwässerung von Großteilen der versiegelten Siedlungsflächen muss der Park phasenweise große Regenwassermengen aufnehmen, während in Trockenphasen die Vegetation unter geringer Bodenfeuchte leidet.

Abb. 4: Kätcheslachpark mit Entwässerungstechnik vom Unterhang, Abb. 5: Kätcheslachpark vom Oberhang nach starken Regenfällen (Fotos: Florian Bellin-Harder).

In Riedberg Mitte begegnen uns entlang der Straßen häufig die Einfahrten zu Tiefgaragen. Außerdem folgt zum Teil auch aus den Tiefgaragen die geringe Begegnungsdichte beim Spaziergang durch das Gebiet, weil die Anwohner*innen weniger aus der Tür treten und sich zu Fuß bewegen, sondern unter anderem der Weg zur Arbeit und zurück vielfach über die Garagenzufahrten erfolgt. Ideen wie die neuen Mobility-Hubs z.B. in Hamburg Oberbillwerder scheinen bereits auf dieses Problem zu reagieren.

Abb. 6 und 7: Tiefgaragen-Erschließungen für Zeilen wie auch für Stadtvillen (Fotos: Florian Bellin-Harder).

Für die Freiräume auf Tiefgaragenkonstruktionen entsteht nicht nur sommerliche Trockenheit, sondern grundsätzlich ein Begrünungsproblem sogenannter unterbauter Flächen (s. Abb. 4 u. 5). Mit oberflächlicher Sandauflage und Kunstrasen wird zum Beispiel den Menschen auf dem Marktplatz ein natürlicher Boden suggeriert, neben dem wenige Bäume die Natur in der Stadt symbolisieren. Die offene Betonfläche, die den größten Teil des Platzes einnimmt und sich im Sommer stark aufwärmen wird, bietet daher, abgesehen vom Sonnenschutz an den Gaststätten, nur wenige frei nutzbare Schattenplätze.

Im direkten Kontakt und nahen Umfeld des Markplatzes konzentriert sich Einzelhandel und werden Dienstleistungen angeboten, wodurch ein Zentraler Ort für die notwendige Versorgung u. a. mit Gütern täglichen Bedarfs entsteht. Auf unserem Weg durch die Siedlung sind wir bis auf wenige Ausnahmen keinen weiteren Angeboten von Einzelhandel und individuellen Dienstleistungen z. B. Friseur oder Maniküre begegnet.

Ebenso wie fast die gesamte Siedlung Riedberg mit einem Straßenraster erschlossen wird, stehen auch die Gebäude in Riedberg Mitte in Straßenkarees, die von einem Baustil geprägt sind. Wir vermuten, dass die Straßenkarees an einen Bauträger vergeben und von ihm nach der Vorlage weniger Prototypen errichtet wurden. Diese einheitliche Bauweise und die bislang wenigen Umbauten bedingen eine gewisse Monotonie in der Siedlung.

Abb. 8 und 9: Abgrenzung der gegenüber der Öffentlichkeit verschlossenen Baufelder (Fotos: Florian Bellin-Harder).

Die Bebauung in Riedberg Mitte wird durch Zeilenbau dominiert, der in einer Variante mit zur Straße hin orientiertem Eingang und einer Variante mit dem Eingang am Wohnweg vertreten ist, deren Innenhöfe meistens öffentlich, manchmal nur blocköffentlich zugänglich sind (das heißt sie sind mit Zaun oder/und Mauer verschlossen und nur über den Anwohnenden zugänglichen Toren versehen), was sehr stark Gated Communities ähnelt. Am Nordrand befinden sich Bildungseinrichtungen, deren Architektur und Umzäunung die Teilnehmenden an Arrestanstalten erinnerte.

Abb. 10 und 11: Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche (Fotos: Florian Bellin-Harder).

Durch separierte Wohnzellen und Bildungseinrichtungen einerseits und der Erschließung über Wohnwege mit unsicherer Zuordnung von privaten und öffentlichen Zonen (s. u.) wirkt die Siedlung insgesamt wenig einladend. Für uns entsteht der seltsame Eindruck, dass diejenigen, die dort nicht wohnen, in der Siedlung auch nichts zu suchen hätten.

Der zentral gelegene ‚Kätcheslachpark‘, der vom hessischen Landesverband der DGGL gemeinsam mit dem Hessischen Umweltministerium 2021 mit dem Garten-Oskar ausgezeichnet wurde, dient nicht nur zur Entwässerung, sondern auch als Grünfläche zur Erholung, zum Sport und Kinderspiel. Im Bereich der Siedlung fehlen der Grünanlage Aufenthaltsqualitäten.

Abb. 12 und 13: Kätcheslachpark mit schattenloser, weiter Rasenfläche, die an den Rändern keine blickgeschützten Bereiche bietet (Fotos: Florian Bellin-Harder).

Bei zufälligen Geländebegehungen auch an anderen, sonnigen Tagen haben wir nur wenige Nutzer*innen gesehen. Wir führen das zum einen auf die wenigen Schattenbäume zurück, da die eingesetzten Baumarten kleine Baumkronen bilden. Zudem fehlen abgetrennte oder geschützte Bereiche im offen gestalteten Park, dessen Fläche fast vollständig überschau- und einsehbar ist. So finden z.B. Jugendliche kaum unbeobachtete Ecken und es gibt wenig Gelegenheit, sich gesellig zu versammeln. Auch bauliche Elemente wie nicht vorhandene Sonnen- oder Windschutzmauern, die die Aufenthaltsqualität im Frühjahr und Herbst fördern würden, sucht man vergebens. Ein Kinderspielplatz mit teilweise hoch spezialisierten Geräten wird nicht intensiv genutzt, der ebene Rasen, der z. B. für Ballspiele geeignet ist, dient als Hundeauslauf. In den Entwässerungssenken, die Spuren von Kinderspiel im Rasen zeigen, wird das Spiel mit Wasser auf temporäre Tümpel nach Starkregen beschränkt. Sie bieten dann aber reizvolle Spielplätze für Kinder, nur, dass stehendes Wasser bei zunehmend durch Tritt verdichtetem Untergrund mit der Zeit stark an Qualität verliert und fauliger Geruch zunimmt. Fazit: Das Freiraumpotenzial im direkten Kontakt zur Siedlung im Kätcheslachpark ist weitgehend verschenkt worden.

Oberhalb der Geländekante grenzen direkt an den Park eine Reihe von Stadtvillen, vier- bis fünfgeschossige Mehrspänner, die den Stadtrand von Riedberg Nord bilden. In Riedberg Nord wird die Bebauung durch Zeilen und vor allem von Einfamilienhäusern geprägt, die als freistehendes Einzelhaus oder Reihenhaus ausgeführt sind. Die Einzelhäuser stehen mittig auf kleinen Grundstücken, wodurch der Eindruck entsteht, dass das Gebäude vom Rasen umzingelt sei (Heinz Erhardt), der damit dem Abstandsgrün im Geschosswohnungsbau entspricht und ebenso wenig genutzt wird.

Die an Wohnwegen stehenden Reihenhäuser sind meistens back-to-face orientiert, wodurch Bereiche unterschiedlicher Öffentlichkeit und Privatheit räumlich auf einander treffen. Darauf reagieren die Bewohner*innen mit dichten Gehölzen am Gartenende, um ihre Privatsphäre gegen Einblicke vom öffentlich zugänglichen Wohnweg her zu schützen, und konfrontieren auf der angrenzenden Eingangsseite mit blickdichten Wänden aus Grün. Diese Siedlungsorganisation ist dem städtebaulichen Leitbild der Sonnenorientierung mit Gärten nach Süden geschuldet. Die Erschließung über Wohnwege vermindert die Bewegungs- und Aufenthaltsqualität der Wege, was zufällige Begegnungen und soziale Kontakte erschwert.

Wenn Reihenhäuser mit dem Eingang zur Straße hin orientiert sind, nehmen die Bewohner*innen an der Straßenöffentlichkeit und den damit verbundenen Marktchancen stärker teil, wodurch gelegentlich Angebote oder häusliche Arbeitsplätze zur Straße hin präsentiert werden. Durch die Lage an der Straße erhalten die kleinen Vorgärten eine weitere Bedeutung nicht nur als hausbezogener Abstellplatz z. B. für Fahrräder, sondern auch als Visitenkarte des Hauses, mit der die Bewohner*innen sich und dem Straßenfreiraum ein individuelles Aussehen geben können. Damit würde die Siedlung abwechslungsreicher und Häuser wie Straßen erhielten ‚Gesichter‘, einen besonderen Charakter.

Abb. 14 und 15: Reihenhauszeile am Wohnweg mit Face-to-Back-Ausrichtung (Fotos: Florian Bellin-Harder).

Entlang des Grünstreifens ‚Römische Straße‘, die eine Perspektive auf die Frankfurter Skyline fokussiert, mit einem befestigten Mittelweg durch Rasen, zu den Rändern hin angelegten Beeten und Gehölzen, ist anscheinend als eine Ausgleichfläche für die starkversiegelte Bebauung angelegt worden. Die von Rasen abgesehen fast vollständig vegetations-, insbesondere baumfreier Gestaltung, auch der eingestreuten Spielgelegenheiten, wird zukünftig pflegeaufwändig werden. Aus dem erhöhten Pflegeaufwand entstehen überflüssige Kosten.

Abb. 16: Römische Straße mit Blick auf die City, Abb. 17: Spielplatz an der Römischen Straße (Fotos: Florian Bellin-Harder).

Zwischen Römischer Straße und Autobahn befindet sich ein weiterer Bauabschnitt, dessen Zeilenbau zur Autobahn hin für die dahinterliegende Reihen- und Einzelhausbebauung einen Lärmschutz erfüllt. Wir vermuten daher, dass es sich bei jenem um geförderten Wohnungsbau handelt.

Die Siedlung scheint vor allem über wenig nutzbare Freiräume zu verfügen. Die verbliebenen werden auch augenscheinlich mäßig genutzt, was nicht nur an der fehlenden Abstimmung zwischen Freiräumen und Gebäuden liegt, sondern auch an der Konzentration des ruhenden Verkehrs unter die Gebäude. Die jüngeren Ansätze für die nächsten Erweiterungen suchen offenkundig nach anderen Lösungen.

Gespräch zu Riedberg in der Agentur des Städtischen Wandels

Unser Besuch in Frankfurt endete mit einem Gespräch in der Agentur des städtischen Wandels, an dem Frau Birte Biemann und Herr Torsten Becker teilnahmen. Sie unterrichteten uns über die Planungs- und Baugeschichte der Riedberg-Siedlung. Die Planung zu Riedberg sah ursprünglich eine geschlossene Blockrandbebauung vor, die aber dem Wohnungsmarkt angepasst worden sei, weil die Politik sich dem neoliberalen Wohnungsbau unterworfen habe. Es wurden keine öffentlichen Baugesellschaften eingebunden, sondern die Flächen privat veräußert. Daher bestehe ein hoher Anteil privaten Eigentums an Haus und Wohnung. In Riedberg wohnen viele migrantische Eigentümer*innen, die anscheinend den Erwerb privaten Wohneigentums und die weiten Handlungsspielräume auf dem Grundstück schätzen. Die Bauaufsicht greife bei Bauänderungen in die Entwicklung ein.

Wie die beschriebene Freiraumsituation in Riedberg verdeutlicht, so bestätigt das Gespräch unsere Eindrücke, dass von Seiten der Stadtplanung und Architektur den Freiräumen nur eine geringe Bedeutung zuerkannt wird. Im Gespräch verstetigte sich die Auffassung, dass in Architektur und Stadtplanung das Wissen über Freiräume und Freiraumnutzungen deutliche Defizite aufweist. Über die Notwendigkeit privater Freiraumanteile wurde offenbar nicht nachgedacht, wenn man die öffentlich zugänglichen Blockinnenbereiche und auch die Gemeinschaftsflächen in den abgeschlossenen Baufeldern betrachtet.

Auch die öffentlichen Freiräume in den Straßen sind knapp bemessen und trotz der Tiefgaragen noch stark von Autos besetzt. Größere Freiräume werden mit Funktionen überfrachtet und müssen Anteile der technischen Infrastruktur aufnehmen. Die zentrale Freifläche Kätcheslachpark dient z. B. vor allem dem Regenwassermanagement, das durch die verdichtete Bebauung und versiegelten Flächen notwendig geworden ist. Dass der Park, trotz der zentralen Lage, wenig genutzt wird, bestätigt die geringe erreichte Qualität durch die Funktionsüberlagerung.

Dass dem Park dennoch 2021 der Garten-Oskar verliehen wurde, führt zu einer kleinen Diskussion über Widrigkeiten des Wettbewerbswesens. Freiraumnutzungen spielen bei der Bewertung offenkundig eine geringe Rolle. Jenseits der Bedeutung für das Regenwassermanagement fehlen nicht nur Nischen und Rückzugsmöglichkeiten für verschiedene Nutzer*innen und Interessengruppen, sondern auch eine Gliederung der Ausstattung mit Vegetation sowie der Ränder.

Im Gespräch stellte sich heraus, dass die Freiraumplanung in der Frankfurter Stadtplanung generell eher eine nachgeordnete Rolle spiele und der Fokus auf der technischen Infrastruktur, der Architektur und dem Wohnungsmarkt sowie Auflagen durch den Naturschutz liege. Die sichtbaren Nutzungsspuren temporärer Aneignungen durch die Menschen im Quartier bzw. das Fehlen zu erwartender Nutzungsspuren in Freiräumen sowie Beobachtungen im Quartier zum Zusammenhang von Bebauung, Siedlungsstruktur und Nutzer*innenverhalten fallen offenbar nicht in den Fokus der Stadtplanung. Umso deutlicher zeigt sich darin die Bedeutung einer aktiven transdisziplinären Perspektive bei der Planung neuer Siedlungen sowie auch innerhalb des Forschungsverbundes.

Quellenangaben

  • Stadt Frankfurt (2009): Baustein 1/2009. Stadt Frankfurt am Main. Dezernat Planen, Bauen, Wohnen und Grundbesitz. Stadtplanungsamt. Red. Ilona Schäfer-Meine. Frankfurt am Main.

Abbildungsverzeichnis